Donnerstag, 18. August 2016

Die Eröffnung des Zwangsversteigerungsverfahrens

Im Spinnennetz der Justiz



Kurz nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen mich hat die R-Bank das Darlehenskonto des Geschäftskredits im März 2007 mit einem Einschreibebrief gekündigt und die sofortige Zahlung der noch offenen Forderungen innerhalb einer Frist von 4 Wochen gefordert und die Angelegenheit an die Rechtsabteilung der R-Bank übergeben. In dem Brief hieß es unter anderem wie folgt: “Sollten Sie unsere Forderungen innerhalb der Frist nicht vollständig beglichen haben, werden wir ohne nochmalige Mahnung gegen Sie gerichtlich vorgehen und die SCHUFA HOLDING AG hiervon unterrichten. Ferner werden wir dann die Zwangsversteigerung in den von uns belasteten Grundbesitz beantragen. Die Eigentümerin (meine Frau) wurde mit gleicher Post über den aktuellen Sachstand informiert.“

An meine Frau schrieb die R-Bank folgendes:“Sehr geehrte Frau ... die Geschäftsverbindung mit Herrn ... wurde aufgekündigt. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass nach Ablauf der Frist die Zwangsversteigerung Ihres Grundbesitzes droht.“
Die Forderung der R-Bank konnte ich in der vorgegebenen Frist wegen meiner Zahlungsunfähigkeit leider nicht nachkommen. Ich beschloss deshalb nochmals mit der Bank zu reden und einen Kompromiss auszuhandeln. Dabei machte ich allerdings einen gravierenden Fehler, denn ich sprach alleine mit der Rechtsabteilung der Bank ohne einen Anwalt oder Fachmann als Zeugen hinzu zu ziehen.

TIPP:
Bei Gesprächen mit der Bank grundsätzlich eine neutrale, idealerweise fachkundige Person als Zeugen und Verhandlungspartner hinzuziehen. Die Aussichten auf eine, für beiden Seiten, annehmbare Lösung sind dadurch wesentlich besser. Ebenso ist es gut wenn ein Zeuge des Schuldners zugegen ist, damit auch das Ausgehandelte auch wirklich schriftlich vertraglich festgelegt und bestätigt wird.

In meinem Fall war nämlich der mündlich ausgehandelte Kompromiss mit der R-Bank in der schriftlichen Bestätigung der Bank nicht so formuliert wie er ursprünglich ausgehandelt wurde. Deshalb konnte ich dem schriftlich zugegangen Kompromiss nicht zustimmen, denn er hätte mich noch schlechter gestellt als vorher. Nach telefonischer Rücksprache mit der R-Bank beharrte die R-Bank auf ihren faulen schriftlichen Kompromiss dem ich so einfach nicht zustimmen konnte. Wäre bei dem Gespräch bei der R-Bank ein Zeuge von meiner Seite zugegen gewesen, dann hätte ich den ursprünglich mündlich ausgehandelten Kompromiss zustimmen können, denn dieser war für beide Seiten fair ausgehandelt und für mich auch auf die Länge der Zeit auch verkraftbar.

Nach Fristablauf übergab die Rechtsabteilung der R-Bank die Forderungssache einer anwaltlichen Treuhandgesellschaft und bevollmächtigte diese Gesellschaft zur Einleitung eines Zwangsversteigerungsverfahrens gegen meine Frau als Sicherungsgeberin.

In dem Spinnennetz der Justiz

Von nun an sind meine Frau und ich in dem Spinnennetz der Justiz gelandet und somit dem Gläubiger und der Rechtsprechung der Gerichte vollständig ausgeliefert. Man hat dann kaum eine Chance sich selbst aus diesem Spinnennetz wieder zu befreien. Der Schuldner bzw. Kreditsicherungsgeber ist ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Zwangsversteigerungsverfahrens komplett auf sich alleine gestellt. Fachliche, anwaltliche Hilfe für den Schuldner wird von juristischer Seite nicht zur Verfügung gestellt.

Meiner Frau wurde eine Kopie der vollstreckbaren Urkunde des Notars, die vor über 20 Jahren einmal ausgestellt wurde, mit einer  Postübergabeurkunde vom Gerichtsvollzieher ausgehändigt.

Hinweis:
Eine wichtige Voraussetzung zur Durchsetzung einer Zwangsvollstreckung ist ein Vollstreckungstitel. Der Vollstreckungstitel ist entweder eine gerichtliche Entscheidung oder eine Erklärung einer oder mehrerer Parteien, die einen vollstreckbaren Inhalt enthalten.
Vollstreckungstitel sind beispielsweise:
1. notarielle Urkunden
2. Kostenfestsetzungsbeschlüsse
3. Vollstreckungsbescheide (Ergebnis eines Mahnverfahrens)
4. Urteile jeglicher Art
5. Unterhaltsfestsetzungsbeschlüsse
6. Gerichtliche Vergleiche
   
In der Regel muss ein Titel eine Vollstreckungsklausel enthalten.
Diese Klausel gestattet der obsiegenden Partei die Zwangsvollstreckung gegen ihren Gegner.
Eine Vollstreckungsklausel hat meist den folgenden Wortlaut:
"Vorstehende Ausfertigung wird dem Antragsteller/Kläger zum Zwecke der Zwangsvollstreckung gegen den Antragsgegner/Beklagten erteilt."
Wenn ein Titel solch eine Klausel enthält, kann man von einer vollstreckbaren Ausfertigung sprechen.
Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass man aus anderen Unterlagen, die keine vollstreckbaren Ausfertigungen sind, die Zwangsvollstreckung nicht betreiben kann. Eine einfache oder beglaubigte Kopie des Titels reicht also nicht aus. Selbst aus einer Ausfertigung, die keine Vollstreckungsklausel enthält, kann in der Regel nicht die Zwangsvollstreckung betrieben werden.
Sofern diese Klausel fehlt, kann bei der Stelle, die den Titel geschaffen hat, die Erteilung der Klausel auf dem Titel beantragt werden.
Eine weitere Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung ist, dass der Titel vor Beginn der Vollstreckung an den Schuldner/Sicherungsgeber zugestellt werden muss. Dabei ist die Zustellung in der Regel ein gesonderter Schritt, der nicht mit anderen Vollstreckungshandlungen kombiniert werden darf. Eine Ausnahme bildet da die Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher. Er muss zwar auch zuerst zustellen. Da die Zwangsvollstreckung dann aber von ihm weitergeführt wird, kann er unmittelbar nach Zustellung damit beginnen, ohne dass es dadurch zu einer zeitlichen Verzögerung käme.
Ob ein Titel bereits zugestellt wurde, kann man daran erkennen, dass dies auf dem Titel selbst oder auf einer mit dem Titel verbundenen Anlage steht. Bei einer gerichtlichen Entscheidung steht in der Regel bei der Klausel ein Satz mit folgendem Inhalt:
"Eine Ausfertigung dieses Urteils/Beschlusses ist dem Beklagten/Antragsgegner am (Datum) zugestellt worden."
Bei nicht gerichtlichen Titeln ist die Zustellung daran zu erkennen, dass eine Zustellungsurkunde von der Post oder von einem Gerichtsvollzieher als Anlage mit dem Titel untrennbar verbunden wurde. Sofern der Zustellungsnachweis fehlt, kann der Gerichtsvollzieher mit der Zustellung des Titels beauftragt werden.

Wichtig!
Vor Eröffnung einer Zwangsversteigerung muss eine beglaubigte Kopie der vollstreckbaren Urkunde des Notars oder ein vollstreckbarer Titel dem Schuldner bzw. Sicherungsgeber übergeben werden, ansonsten kann ein Zwangsversteigerungsverfahren nicht eröffnet werden. Bei der Vollstreckung aus einem Titel darf mit der Zwangsvollstreckung erst begonnen werden, wenn seit der Zustellung an den Schuldner zwei Wochen vergangen sind. 

Im Mai 2007 beantragte sodann die Treuhandgesellschaft für die R-Bank beim dem zuständigen Amtsgericht die Anordnung der Zwangsversteigerung gegen meine Frau.

Das Schreiben an das Amtsgericht (Vollstreckungsgericht) lautete wie folgt:
„In Sachen
R-Bank, Strasse, Ort
vertreten durch Treuhandgesellschaft, Rechtsanwalt ...
gegen
 Name des Schuldners oder Bürgen. Strasse, Ort
beantragen wir unter Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung der Urkunde des Notars ..... UrkundenNr. .. vom .... die Anordnung der Zwangsversteigerung bezüglich dem Grundbesitz eingetragen im Grundbuch von Stadt , Blatt Nr. .. , Gemarkung, Flurstück, Hof- und Gebäudefläche , qm ....
wegen folgender Beträge und der Kosten der dinglichen Rechtsverfolgung:
Grundschuld laut Eintrag im Grundbuch von .......,00 Euro +
5% Nebenleistungen +
18% Zinsen vom 01.01.20...
-dinglicher Anspruch-
Die anfallenden Gerichtskosten bitten wir bei uns anzufordern.
Auf uns lautende Vollmacht ist beigefügt.
Unterschrift“

Aufgrund des oben angeführten Antrags der R-Bank wurde durch das Vollstreckungsgericht ein Eintrag in das Grundbuch vom Grundstück meiner Frau beim Grundbuchamt veranlasst.
Der Eintrag lautet folgendermaßen:
„Die Zwangsversteigerung ist angeordnet (Amtsgericht Ort – Zwangsversteigerungsgericht; Akt. Zeichen) eingetragen am (Datum).“

Anmerkung:
Ein Grundstück lässt sich mit solch einem Eintrag zu einem normalen Marktwert so gut wie nicht mehr verkaufen, denn die Käufer spekulieren ab diesem Zeitpunkt auf ein Schnäppchen bei einer Zwangsversteigerung zu einem Bruchteil (teilweise unter 50%) des reellen Marktwertes.

Der Antrag durch die von der R-Bank bevollmächtigte Treuhandgesellschaft wurde durch das Zwangsversteigerungsgericht meiner Frau, die zu diesem Zeitpunkt immer noch in der Klinik war, zugesandt.
Ich muss zugeben, ich hatte damals absolut keine Ahnung wie solch ein Verfahren zu händeln ist, schließlich bin ich ja kein Jurist und hatte noch nie solche Verfahren bei „anderen beobachtet“, geschweige denn mit dem Zwangsversteigerungsgesetz auseinandergesetzt. Ich begann ab diesem Zeitpunkt mir die Gesetze erst einmal genauer anzuschauen.
Die Antragstellung der R-Bank erwiderte ich, begründet mit vier Punkten, mit einem Antrag auf einstweilige Einstellung des Verfahrens nach § 30a ZVG   Den Antrag sandte ich innerhalb der 14 tägigen Frist, unterschrieben von meiner Frau, an das Zwangsversteigerungsgericht.

Wichtig!
Nach § 30b ZVG  ist die einstweilige Einstellung binnen einer Notfrist von zwei Wochen zu beantragen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Verfügung, in welcher der Schuldner auf das Recht zur Stellung des Einstellungsantrages, den Fristbeginn und die Rechtsfolgen eines fruchtlosen Fristablaufs hingewiesen wird. Der Hinweis ist möglichst zugleich mit dem Beschluss, durch den die Zwangsversteigerung angeordnet wird, zuzustellen.

In der Stellungnahme der Gegenseite (R-Bank) wurde das Gericht auf  Zurückweisung meines Antrags gebeten, denn meine Frau würde die Verbindlichkeiten von meinen Geschäftsschulden laut Verwendungszweckerklärung vom Sept.2006 haften. Wie schon gesagt war meine Frau zum Zeitpunkt der geleisteten Unterschrift im Sept.2006 hochgradig depressiv krank.

Trotz meiner darauffolgenden Stellungnahme wurde durch Beschluss des Gerichts mein Antrag auf die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens nach § 30a ZVG als unbegründet zurückgewiesen.

Zwangsversteigerungsverfahren werden in den Zwangsversteigerungsgerichten grundsätzlich nur von Rechtspflegern durchgeführt.

Eine Woche nach der Zurückweisung meines Antrags wurde von der Rechtspflegerin ein weiterer Beschluss gefasst, der den Gutachter zur Wertermittlung der Immobilie bestellte.


Im nächsten Post schreibe ich über das Verkehrswertgutachten eines bebauten Grundstücks.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen